31.10.2005
hier eine erklärung zum borreliosetestergebis, die mir freundlicherweise die mitarbeiterin eines labos hat zukommen lassen, die tagein diese tests macht.
Hallo Mambo,
sorry, dass ich mich so spaet erst wieder melde, wollte noch nach diesem VisE suchen und musste dazu ins Institut, weil ich von zu Hause aus nicht in alle Datenbanken komme. Hoffe, ich bin jetzt nicht zu spaet...
Also, erstmal grundsaetzlich was ist ein Western-Blot.
Blot steht fuer etwas auf ein Traegermedium uebertragen (englisch to blot); in diesem Fall werden Proteine – Eiweiss-Molekuele – auf eine Membran gebunden. Western ist eine witzige Geschichte, denn das ist in der Tat die Himmelsrichtung. Man kann in der Biochemie drei verschiedene Molekuelklassen „blotten“ und der erste, der das gemacht hat (in seinem Fall war es DNA), hiess Southern. Als man die Technik dann fuer die anderen Molekuele ausgeweitet hat, hat man sich einfach der Himmelsrichtungen bedient.
Also beim Western-Blot bindet man nun ganz bestimmte Proteine auf eine Membran. Im Falle der Borrelien-Untersuchung sind das diejenigen Proteine, die von den koerpereigenen Antikoerpern erkannt werden, soweit sie eben vorhanden sind. Anschliessend wird das zu untersuchende Serum ueber diese Membran gegeben (man legt also das Stueck Papier in eine kleine Wanne und gibt das Serum dazu, das wird dann stehen gelassen. Die im Serum befindlichen Antikoerper haben jetzt Zeit, ihr ganz spezielles Antigen zu finden und daran zu binden. Wenn die Antikoerper ihr Protein gefunden haben, wird das Serum von der Membran gespuelt und es kommt eine Nachweisloesung drauf. In dieser wiederum sind Substanzen, die z. B. Pferdeantikoerper erkennen. Diese sogenannten „Sonden“ finden nun ihrerseits die Antikoerper, die an der Membran haengen geblieben sind und geben an dieser Stelle eine Farbreaktion ab. So kann man einfach ablesen, wo es eine Farbreaktion gibt (das nennt man dann „Bande“). Da ich vorher weiss, welches Protein ich an welche Stelle auf der Membran gebunden habe, weiss ich anhand der Banden welche Antikoerper Dein Pferd besitzt. Soweit klar?
So, dann waeren da noch die Bezeichnungen der angegebenen Proetine:
protein / antigen Name funktion / herkunft punkte bewertung
100 / p100 / b.afzelii / 8 / positiv ***
66 / VisE / fusionsprotein / 4 / positiv ***
41 / p41 / flagellin b. burddorferi s.s. / 1 / positiv *
39 / bmpa / b.afzelii / 8
31 / ospa / oberflächenprot. b.afzelii / 4
22 / ospc / oberflächenprot. b.afzelii, b.garinii, b.burgdorferi s.s. / 6
20 / p41/intern / spez. teil Flagellin B.garinii / 1
18,5 / p41/intern / spez. teil Flagellin B.garinii / 1
18 / p18 / oberflächenprot. b.afzelii / 8
Protein / Antigen ist prinzipiell das gleiche und bezeichnet die auf die Membran gebundenen Proteine. Die Zahl, die dabei steht, ist das sog. Molekulargewicht. Proteine „wiegen“ etwas und dieses Gewicht ist aussagekraeftig, da die Proteine auf einem Western-Blot nach der Groesse angeordnet werden (die grossen am oberen Rand, nach unten kleiner werdend). Die Einheit fuer das Molekulargewicht ist Kilodalton, das ist prinzipiell nichts anderes als beim Menschen eben Kilogramm, also einfach eine Einheit. So, dann geht es weiter mit Funktion, das gibt an, was das auf der Membran befindliche Protein in seiner natuerlichen Umgebung eigentlich macht. Dann Herkunft ist die Borrelien-Art, fuer die dieses Protein spezifisch ist (es gibt naemlich mehrere Arten von Borrelien und die in den USA vorherrschende Borrelia burgdorferi, die fuer die urspruenglich beschriebene Lyme-Borreliose verantwortlich ist, ist nicht die in Europa vorherrschende Art). Ja, dann kommt ein Punkteschluessel, der sicherlich aus irgendwelchen Statistiken abgeleitet wurde (so als: wenn p100 besonders reagiert, ist die Infektion besonders akut, wenn p41 reagiert, ist die Infektion laenger her – das sind aber gerade Spekulationen!!!) und die Interpretation der Daten vereinheitlichen soll. Dann Bewertung beschreibt die Bandenstaerke – siehe oben. Wenn die „Bande“ deutlich zu sehen ist (und damit sehr viele Antikoerper gegen das jeweilige Protein im Serum sind), bekommt sie ***, wenn sie nur sehr schwach zu erahnen ist (und damit eben kaum Antikoerper da sind) nur *.
Also als Beispiel fuer das dritte Protein mal folgende Erklaerung:
Protein der Groesse 41 Kilodalton entspricht dem Flagellin (das ist das Protein, das das „Ruder“ der Bakterien aufbaut, also die Fortbewegung sichert) aus Borrelia burgdorferi s.s (Subspezies, also noch eine ganz genaue Unterart), wurde vom Serum Deines Pferdes erkannt. Die Staerke der Bande – und damit die Antikoerperzahl – war aber nicht sehr intensiv.
Dann noch kurz was zu Deinem ersten Testergebnis mit den verschiedenen Antikoerper-Klassen IgG und IgM: Bei der Immunreaktion, die nach einer Infektion einsetzt, kommt es zur Ausschuettung verschiedener Antikoerper-Klassen in einer charakteristischen zeitlichen Abfolge. Ganz am Anfang werden IgM ausgeschuettet (quasi als Soforthilfe), nach ein paar Tagen werden diese kurzlebigen durch IgG ersetzt (als „ErinnerungsAntikoerper). Diese bleiben lange im Koerper erhalten (diese sind es, die einen Impfschutz ausmachen) und werden im gesunden auf fast Null herunter gefahren. Bei einem erneuten Aufflammen einer bereits bekannten Infektion kommen dann gleich diese zum Einsatz. Dieser Test sagt also etwas ueber das Wann der Infektion aus. Bei Euch liegt sie auf jeden Fall mehrere Wochen zurueck.
Zusammen genommen mit den Ergebnissen aus dem ersten Test, wuerde ich als NICHT-TA sagen, dass Dein Pferd eine Infektion mit Borrelia afzelli hat, die schon laenger zurueck liegt, aber momentan aufgeflammt ist.
Was tun bei Borreliose? Also fuer die Menschen-Behandlung kann ich dazu nur aus eigener Erfahrung berichten (mein Papa hatte es und meine Arbeitskollegin). Bei meinem Vater handelte es sich um eine sehr frische Infektion, die durch eine dreiwoechige Ampicillin-Kur gut ausgestanden werden konnte (Gabe sofort bei Erscheinen des beruehmten „roten Ringes“). In diesem Stadium sind die Borrelien noch nicht in den Nervenzellen eingenistet, und werden von diesen „normalen“ Antibiotika noch erwischt. Meine Arbeitskollegin hat eine verschleppte Infektion und musste in der schlimmen Phase (bei ihr ist die Erkrankung erst nach etwa 2 Jahren nach Infektion richtig ausgebrochen) mit dem Antibiotikum Rocefin behandelt werden. Das ist das einzige auf dem Markt befindliche Antibiotikum, dass es schafft, IN die Nervenzellen reinzukommen und dort die Borrelien umzubringen. Dieses Antibiotikum hat schwere Nebenwirkungen (fast wie eine Krebs-Chemo) und kann nur wenige Male benutzt werden, da die Borrelien sonst Resistenzen ausbilden. Da das auch fuer die normalen Antibiotika zutrifft, ist es sehr wichtig, dass egal welches Antibiotikum sehr lange gegeben wird. Die meisten Menschen-Aerzte machen das schon zu kurz, ich weiss nicht, wie es hier in der Tiermedizin aussieht...
So, jetzt hoffe ich, dass ich Dich nicht erschlagen habe mit Text. Falls Fragen sind, einfach nochmal melden!
teil2,
habe nochmal nach diesem VisE 66 Protein gefahndet und folgendes gefunden: Dieses Protein befindet sich auf der Aussenhuelle der Borrelien-Bakterien und veraendert sich stetig nach der Infektion. Dadurch koennen die Bakterien die Immunantwort des Wirtes ueberlisten (denn der muss die neue Variante jedes Mal wieder neu erkennen, die alte hilft ihm wieder nix mehr...). Die Essentials kannst Du hier nachlesen:
http://www.lymenet.de/shgs/corryw/VisE-StrukturBorrelia.pdf Das VisE, das in Deinem Test aufgefuehrt ist, ist eine kuenstliche Mischung mehrerer Varianten, die natuerlich vorkommen.