Als Beispiel soll hier die Hufrehe durch Grünland dienen. Im Pferd kommt es zu folgenden Prozessen:
Das Pferd nimmt im Tagesverlauf große Mengen von Gras auf, das hohe Mengen an Fruktanen enthält. Diese Kohlenhydrate dienen in der Pflanze unter anderem der Speicherung und dem Transport, sind aber für Pferde nur schwer verdaulich.
Bei Stress wie Trockenheit oder Kälte bilden Gräser besonders viel Fruktane. Die körpereigenen Enzyme des Dünndarmes können die Fruktane nur unvollständig zerlegen. Daher gelangen sie in den Dickdarm mit seinen Gärkammern. Dort stören die Fruktane das dortige ökologische Gleichgewicht der Mikroorganismen: Einige dieser Symbionten können sich massenweise vermehren, weil sie die Fruktane verwerten können. Sie bauen sie zu organischen Säuren ab. Der pH-Wert des Darmes sinkt von normal 6,5 auf bis zu 4,0 ab. Das bewirkt ein Massensterben von Mikroorganismen. Die Darmschleimhaut wird durch den sauren Wert geschädigt.
Schließlich können schädliche Abbauprodukte und Zellwandbausteine der toten Mikroorganismen über die geschädigte Darmwand in die Blutbahn gelangen. Das Immunsystem ist in Alarm, es kann zu schockartigen Zuständen kommen, die Durchlässigkeit der Blutgefäße verändert sich. Feine Blutgefäße werden verstopft. Betroffene Gewebe schwellen an, in der Huflederhaut kommt es zur so genannten Hufrehe. Es findet eine allergische Sensibilisierung statt, die für die weitere Haltung des Pferdes problematisch ist.
Fruktane, in botanischer Literatur teilweise auch als Laevane bezeichnet, sind in Gräsern völlig normale Bausteine. Es handelt sich dabei um einen Sammelbegriff, der unterschiedlich lange Fructosyl-Zucker bezeichnet. Bekannt sind der Phlein-Typ in Gräsern und der Inulin-Typ in Korbblütlern (Dahlie, Topinambur, Löwenzahn, Chicoree). Entscheidend ist die Menge, in der diese schwer verdaulichen Kohlenhydrate vorkommen. Die Konzentration ist nicht konstant, sondern abhängig von Grasart, Zuchtsorte, Boden und Klimabedingungen, also Temperatur, Sonneneinstrahlung, Niederschlag und Luftfeuchtigkeit, und kann beträchtlich schwanken.
Einige Beispiele:
Knaulgras enthält pro Kilo Trockenmasse Gras nur 8 Gramm bei Wärme (11 bis 25 Grad Celsius) 130 Gramm bei niedrigen Temperaturen (5-10 Grad Celsius). Wiesenschwingel enthält bei warmen Temperaturen kein Fruktan, bei 5 bis 10 Grad Celsius 220 Gramm; Deutsches Weidelgras enthält 10 bis 210 Gramm; in Lieschgras konnten Konzentrationen von 2 (Wärme) bis 111 Gramm (Kälte) pro Kilo Grastrockenmasse nachgewiesen werden.
Wie sind diese Werte für Pferde einzustufen?
Als Auslöser klinischer Hufrehe rechnet man mit 7,5 Gramm Fruktan pro Kilogramm Lebendgewicht (LG) des Pferdes, als kritisch gelten bereits 5 Gramm/Kilogramm LG. Ein Pferd frisst pro Tag ca. 2 bis 2,5 Prozent seines LG als Trockensubstanz. Frisches Gras enthält etwa 20 Prozent Trockensubstanz.
Angenommen, ein Pferd wiegt 500 Kilogramm und frisst am Tag 500 mal 2,5 Prozent = 12,5 Kilogramm Trockensubstanz Gras, entsprechend 62,5 Kilogramm frischem Gras. Bei ungebremster Fressleidenschaft in 24 Stunden durchaus ein möglicher Wert.
Dann hätte dieses Pferd bei dem Weidelgras aus der Tabelle unter kalter Witterung 12,5 x 210 : 500 = 5,25 Gramm Fruktan pro Kilogramm LG aufgenommen und liegt dann im kritischen Bereich. Zwar frisst das Pferd diese Menge über 24 Stunden verteilt und nicht auf einen Schlag. Doch gibt es unterschiedlich empfindliche Tiere und unterschiedlich effektive Verdauungstypen.
Bekannt ist, dass hochleistungsfähige tetraploide (verdoppelter Erbgutsatz, entsprechend wie bei den Getreiden) Weidelgräser im Schnitt höhere Fruktanwerte zeigen als normale diploide Sorten.
Von Bedeutung für das Pferd ist, dass kurzkettige Fruktane von den Mikroorganismen des Darmes schneller verarbeitet werden können, während langkettige nur langsam aufgeschlossen werden. Daher sind Erstere besonders gefährlich in Bezug auf Hufrehe.
Auch Rinder können Klauenrehe bekommen, die bei ihnen jedoch zumeist die Hinterbeine betrifft. Doch haben Rinder ihre Gärkammern mit den Mikroorganismen bereits zu Beginn des Verdauungskanals, in den Mägen, die für die Verwertung offensichtlich gerüstet sind.
http://www.pferdeleben.de/haltung/VFD-Artikel-MagerePferdeweideContraHufrehe.htm